Goethe und Schiller – Eine besondere Freundschaft

Autor: sisugoethe Datum: Mo, 07/06/2020 - 12:16 Tags: Deutsch lernen

Dicke Freunde – so würde man sie heute wohl nennen. Diese beiden großen Dichter der deutschen Literaturgeschichte verband ein ganz besonderes Verhältnis, das für beide sehr produktiv war. Es war aber keine Liebe auf den ersten Blick.

Johann Wolfgang Goethe wird am 28. August 1749 in Frankfurt am Main geboren, Friedrich Schiller erst 10 Jahre später am 10. November 1759 in Marbach am Neckar. Am 7. September 1788 treffen sie sich zum ersten Mal in Rudolstadt, in der Nähe von Weimar. Goethe ist damals 40 und Schiller 30 Jahre alt. Luise von Lengefeld (die Mutter von Schillers zukünftiger Frau) hat zu einer Fete eingeladen, aber es sind so viele Gäste da, dass die beiden nicht persönlich miteinander sprechen können.

Sie sehen sich immer mal wieder und anfänglich mag Goethe den jüngeren und sehr leidenschaftlichen Kollegen nicht besonders. Er selbst ist zu dieser Zeit schon ein gefeierter Großmeister der deutschen Literatur. Schiller und seine Studienfreunde sehen dagegen den älteren Goethe als genial und den Renner schlechthin an.

Trotz dieser Gegensätze und obwohl er ihn noch nicht persönlich kennt, hilft Goethe Schiller eine Stelle als Professor an der Universität in Jena zu bekommen. Erst 6 Jahre später, im Sommer 1794, treffen sich die beiden und haben endlich Zeit, miteinander zu reden. Schiller hat zuvor, am 13. Juni 1794, einen Brief an Goethe geschrieben, in dem er ihn sehr höflich fragt, ob er bei der Literaturzeitschrift „Die Horen“ mitarbeiten möchte. Goethe sagt zu. Kurze Zeit später gibt es eine naturwissenschaftliche Veranstaltung in Jena, an der beide teilnehmen. Der Zufall will, dass sie beide zur gleichen Zeit die Feier verlassen und auf dem Heimweg ins Gespräch kommen.

Dabei merken sie, wie viele Gemeinsamkeiten sie haben und wie sehr ihnen das Gespräch gefällt. Schiller berichtete über seine erste Diskussion mit Goethe in einem Brief vom 1. September 1794 an einen Freund folgendes: „Ein jeder konnte dem anderen etwas geben, was ihm fehlte, und etwas dafür empfangen.“ Ihre Freundschaft, die in diesem Sommer 1794 geboren wurde, wird noch 10 Jahre, bis zum Tod von Schiller, dauern. Sie beginnen sich viele und lange Briefe zu schreiben und dieser Briefwechsel zwischen den beiden Poeten ist heute noch ein wichtiges Zeugnis der deutschen Sprache.

Schiller sieht in Goethe ein literarisches Genie und zeigt seine Bewunderung in den Briefen sehr offen. Goethe hingegen fühlt sich von dem jüngeren Kollegen verstanden und er sieht Schiller als eine Art Alter Ego, die einzige Person, die wirklich versteht, was er denkt und fühlt. Es entwickelt sich eine tiefe Freundschaft. Zusammen schreiben und veröffentlichen sie oder lesen die Texte und Manuskripte des anderen. Sie beraten sich und verlassen sich aufeinander. Diese gemeinsame Schaffenszeit wird heute noch die „Weimarer Klassik“ genannt, da beide Dichter in Weimar und in dem nahegelegenen Jena arbeiteten.

Weimar war damals das intellektuelle Zentrum Deutschlands, dort lebten auch die berühmten Dichter Herder und Wieland. Als Schiller mit 45 Jahren nach langer Krankheit verstirbt, schreibt Goethe, dass er die Hälfte seines Lebens zu verlieren glaubt, so tief und stark sind auch die Gefühle, die sie verbinden.

Kleiner Freundschafts-Wortschatz 友谊词汇表

dicke Freunde sein: 死党好友,莫逆之交

Liebe auf den ersten Blick: 一见钟情,一见倾心

die Fete, feten: 庆祝、宴请、宴会

Genial! (typischer Ausruf, wenn man etwas gut findet): 天才的、有创造性的

Der Renner schlechthin sein: 赫赫有名

ins Gespräch kommen: 开始谈话

die Bewunderung:  钦佩、赞美

das Alter Ego: 另一个我,第二个我

sich verstanden fühlen: 感到被理解

sich aufeinander verlassen: 彼此信赖

durch tiefe Gefühle verbunden sein: 建立深厚的感情